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Deutsch – Österreich

MARKTKOMMENTAR

September 2025

Der Sommer 2025 neigt sich dem Ende. Geprägt haben ihn eher politische als meteorologische Schlagzeilen in Zentral und Nordeuropa. Im August trafen sich der amerikanische und der russische Präsident in einem Gipfel, der nicht nur geopolitische Spannungen, sondern auch weitreichende energiepolitische Fragen über die Zusammenarbeit der Weltmächte aufwarf. Obwohl keine Waffenruhe in der Ukraine erzielt wurde, rückten Projekte wie Arctic LNG 2 und Sachalin 1 ins Zentrum, die durch Sanktionen beeinflusst werden. Putin unterzeichnete ein Dekret, das westlichen Investoren wie Exxon den Wiedereinstieg in diese Projekte ermöglichen könnte. Diese geopolitischen Entwicklungen könnten langfristig die globale Energieversorgung stabilisieren und damit auch die Preise in Europa beeinflussen.

In eine ähnliche Kerbe schlägt die Internationale Energieagentur (IEA), die im neuesten „Power Mid-Year Update“ für 2025 und 2026 ein starkes Wachstum des weltweiten Strombedarfs von 3,3 bzw. 3,7 % erwartet. Treiber sind Fabriken, Kühlung, Rechenzentren (insbesondere in den USA) und E-Mobilität. Erneuerbare Energien könnten Kohle bereits 2025 als wichtigste Stromquelle ablösen, unterstützt von wachsender Kernenergie und mehr Gaskraft. China und Indien tragen 60 % des globalen Nachfrageanstiegs. Nicht nur die IEA betont: Mit zunehmender weltweiter Elektrifizierung sind Flexibilität, Speicher und koordinierte Regulierung entscheidend.

Während die IEA den Blick auf den globalen Kontext richtet, ist Europa ein Teil der weltweiten Komplexität – und gleichzeitig Teil des steigenden Flexibilisierungsbedarfs sowie des anhaltenden Wachstums Erneuerbarer Energien mit eigenen fragmentierten Herausforderungen. In vielen europäischen Ländern wird der Ausbau erneuerbarer Energien forciert. Vor allem die stark steigenden PV-Kapazitäten stellen Netze und Regulierung vor Herausforderungen. Seit Jahren wiederholt, nun aber dringlicher: Erneuerbare allein reichen nicht, es braucht Netzausbau, Speicher und Flexibilitätsoptionen. Der Deutsche Verband der Energiewirtschaft schrieb am 22.8.2025: Der erzeugte Strom müsse nutzbar gemacht, Erzeugung, Speicher und Netze stärker synchronisiert und Flexibilitätsoptionen wie Speicher, Elektrolyseure und flexible Verbraucher konsequent erschlossen werden. Solche Forderungen sind nicht neu – seit über einem Jahrzehnt wird Ähnliches formuliert. Doch die Umsetzung verläuft zäh, auch weil nationale Gesetze stark variieren. Ein Blick auf aktuelle Entwicklungen zeigt gemeinsame Ziele, aber sehr unterschiedliche Wege.

• Tschechien beschloss im März 2025 „Lex OZE III“: Stromspeicherung und Netzflexibilität werden gesetzlich verankert, Netztarife angepasst, virtuelle Kraftwerke ermöglicht.

• Slowakei führte flexible Netzanschlüsse ein: EE-Anlagen dürfen befristet oder mit reduzierter Leistung ans Netz. Netzbetreiber müssen Kapazitäten transparenter ausweisen, Verfahren werden digitalisiert. Ein Rahmen für Stromgemeinschaften sowie CfD-Förderungen für EE- und Kernkraftanlagen wurde geschaffen.

• Rumänien schreibt Speichereinbau für Prosumer vor: PV-Anlagen bis 400 kW müssen Speicher mit 30–50 % der Leistung vorhalten, Altanlagen bis 2027 nachrüsten. Einspeisung darf die Speichergröße nicht überschreiten. Netzgebühren entfallen für gespeicherten Strom. Parallel wurden CfD-Systeme und Offshore-Wind-Gesetze etabliert.

• Bulgarien erlaubt seit Kurzem Energiegemeinschaften und Aggregatoren. Batteriespeicher sind nun eigene Anlagentypen mit erleichtertem Anschluss Genehmigungsverfahren wurden vereinfacht.

• Slowenien verpflichtete Gemeinden über 10.000 Einwohner, EE-Gemeinschaften einzurichten. PV und Speicher können als Flex-Ressourcen registriert werden. Zeit- und leistungsabhängige Netzentgelte sollen Lasten steuern.

• Kroatien arbeitet an einem neuen Gesetz für Prosumer und Energiegemeinschaften, inklusive zentralem Register bei HERA. Förderauktionen für Solar- und Windenergie wurden verstetigt.

• Polen plant abschaltbare Anschlüsse: EE-Anlagen können bei Netzüberlastung zeitweise abgeregelt werden. Netzbetreiber müssen verfügbare Kapazitäten online transparent machen.

• Frankreich verabschiedete 2023 ein Beschleunigungsgesetz: Planungszonen für EE-Projekte, beschleunigte Genehmigungen, Speicherprojekte werden wie EE-Anlagen priorisiert. Zusätzlich werden Demand-Response und Kapazitätsmechanismen gestärkt, um Flexibilität ins System zu bringen.

Der Überblick zeigt: Die EU-Mitgliedsstaaten verfolgen dieselben Ziele – Netzintegration, Flexibilität, Speicher – setzen diese aber mit unterschiedlichen Regulierungen um. Das erschwert die Vereinheitlichung des europäischen Energiemarkts und fordert von Akteuren viel Anpassungsfähigkeit ab. Gleichwohl sind viele Maßnahmen sinnvoll, da sie lokal passende Lösungen für die Integration erneuerbarer Energien bieten.

Richten wir die Aufmerksamkeit auf die konkreten Marktbewegungen im August, spielen wie gewohnt die Erneuerbaren auch eine gewichtige Rolle. Der Strom-Spotmarkt zeigte im August eine ruhige Entwicklung, mit einer Ausnahme zu Beginn des Monats. In der ersten Woche lag der deutsche Spotmarkt bei durchschnittlich 59,66 EUR/MWh, dem zweitniedrigsten Wert des Jahres. Dies war vor allem auf eine hohe Erzeugung aus erneuerbaren Energien zurückzuführen, da Wind und Photovoltaik zusammen 113 % der Norm produzierten. In den folgenden Wochen stiegen die Spotpreise jedoch moderat auf ca. 80 EUR/MWh an, bedingt durch eine reduzierte Erzeugung und eine Hitzewelle, die insbesondere die französische Kernkraftproduktion einschränkte. Dies führte zu einem Preisniveau, das sich voraussichtlich auch zum Septemberbeginn fortsetzen wird.

Der Terminmarkt für Strom zeigte ebenfalls eine vergleichsweise ruhige Entwicklung – mit kleineren Volatilitäten von 4% in dem stabilen Monatsband zwischen 83 EUR/MWh und 87 EUR/MWh für das deutsche Frontjahresprodukt. Auch der Gasmarkt zeigte eine ähnliche Entwicklung, mit Preisen, die von 35,32 EUR/MWh zu Monatsbeginn auf 32,56 EUR/MWh fielen und sich dann leicht erholten. Diese Preisschwankungen waren größtenteils auf spekulative Bewegungen und die geopolitische Unsicherheit zurückzuführen. Insbesondere die Ungewissheit bezüglich der Auswirkungen der Treffen zwischen Trump und Putin sowie die Wartungsarbeiten an der norwegischen Gasinfrastruktur trugen zur Marktlage bei.

Der Ausblick auf den Energiemarkt bleibt spannend. Nach der ruhigen Sommerzeit ist mit einer Zunahme der Handelsaktivitäten zu rechnen, insbesondere im Strommarkt. Der Gasmarkt könnte durch die bevorstehenden Wartungsarbeiten an der norwegischen Infrastruktur und die fortgesetzte Speicherung in Europa weiter beeinflusst werden. Auch die geopolitische Lage, etwa im Zusammenhang mit den LNG-Importen der EU und der russischen Gasversorgung, bleibt ein wichtiger Faktor. Kurzfristig wird ein leichter Anstieg der Strompreise erwartet, während die Gaspreise aufgrund der stabilen Versorgungslage leicht sinken könnten. Langfristig wird der Markt von den Fortschritten bei der Energiewende und den Ausbauzielen für erneuerbare Energien abhängen. Sollten die Ziele für den Ausbau der Photovoltaik bis 2030 nicht erreicht werden, könnten die CO2-Preise und damit auch die Strompreise steigen, was die Marktbedingungen in Europa nachhaltig beeinflussen würde.

Viel Erfolg bei Ihren Entscheidungen mit Energie!

Ihr Felix Diwok

Für das Team der Inercomp